Unter ED werden verschiedene Krankheitsbilder zusammengefasst:
- Fragmentierter Processus Coronoideus mediales ulnae (FPC oder FCP)
- Isolierter Processus anconaeus des Olecranon (IPA)
- Osteochondrosis dissecans (OCD)
Eine ED ist nicht mehr heilbar. Allerdings lassen sich die mit ihr verbundenen Symptome und Beschwerden verbessern, was für die Erhaltung oder Wiederherstellung der Lebensqualität sehr wichtig ist. Der Erkrankungsprozess lässt sich in vielen Fällen hinauszögern, so dass die betroffenen Hunde noch viele Jahre ein möglichst beschwerdefreies bzw. –armes Leben führen können.
Ursache:
- sie ist erblich
- betroffen sind oft schnell wachsende Hunde –> häufiger Grund dafür ist die Fütterung: zu lange Fütterung mit energiereichem Welpenfutter –> das führt zu Wachstumsimbalancen zwischen Knochen und zwischen Knochen & Knorpel und zwischen Muskeln & Knochen
- fettleibige Hunde
- kompakte Rassen
- Fehlbildung des Gelenks
- Überversorgung mit Futtermittelzusätzen wie Kalzium oder bestimmte Vitamine
- ständige Überbeanspruchung des Bewegungsapparates
- häufig betroffene Rassen sind bspw. Chow-Chow, Rottweiler, Berner Sennenhund, Großer Schweizer Sennenhund, Neufundländer, Labrador Retriever, Deutscher Schäferhund, Bordeaux-Dogge
IPA:
- häufig bei schnellwachsenden, schweren Hunden, mittelgroßer und großer Rassen
- der Processus anconaeus ist bis zur 11. Lebenswoche rein knorpelig mit dem Ellenbogenhöcker verbunden und verknöchert im Alter von ca. 5 Monaten
- bei der IPA wächst der Processus anconaeus nicht mit der Ulna zusammen, oder der Fugenschluss bleibt infolge zu hoher körperlicher Aktivität aus
–> Wachstumsfuge am oberen Höcker der Elle schließt sich nicht im Alter von 4-6 Monaten
Ursache:
- verzögertes Wachstum der Elle gegenüber der Speiche (Short-Ulna-Syndrom)
- es kommt zu einer Überbelastung des Processus (= Fortsatz, Vorsprung, kleiner, hervorragender Teil eines Knochens)
- Fugenschluss wird verhindert
Symptome:
- leichte bis hochgradige Lahmheit v.a. nach Ruhepausen oder aber auch nach Anstrengung
- beim Belasten und bei der Vorwärtsbewegung wird Ellenbogengelenk leicht nach außen rotiert
- ggf. Gelenkschwellung (als Folge arthrotischer Veränderungen)
- Schmerzhaftigkeit beim Strecken und Überstrecken
- Krepitation (Knirschen) im Ellenbogengelenk können festgestellt werden
FPC:
- ist eine Loslösung des Knochenfortsatzes (sog. Kronenfortsatz) an der Innenseite der Elle
- Ursache: unterschiedliches Längenwachstum von Elle & Speiche (verzögertes Wachstum des Radius) –> Stufenbildung im Ellenbogengelenk
- Überlastung eines Fortsatzes der Elle (= Processus Coronoideus ulnae) à in dessen Spitze werden Knochen und Knorpel geschädigt (Deformierung oder Fragmentierung) à tw. Ablösung des Fortsatzes
- häufig: Bildung kleiner Knochen-Knorpel-Fragmente à Entzündung des Gelenks à Schmerzen, Lahmheit, Arthrose
OCD:
- ist eine Knorpelwachstumsstörung (kann auch im Schulter-, Knie- und Sprunggelenk auftreten)
- Bildung einer zu dicken Knorpelschicht und Störung der Nährstoffversorgung der tiefen Knorpelschicht à Knorpel stirbt ab à es entstehen Risse und tw. Können sich ganze Knorpelschuppen lösen
- durch die Risse kommt Gelenkflüssigkeit mit dem Knochen in Kontakt à Entzündung
- der veränderte oder abgelöste Knorpel kann die wichtigsten Aufgaben (Stoßdämpfung, Bildung einer Gleitfläche bei der Gelenkbewegung etc.) nicht mehr erfüllen
- als Folge kann es zu Arthrose und Gelenkzerstörung kommen
Symptome bei einer ED:
- Lahmheit (einseitig oder beidseitig)
- Absenken des Kopfes nach unten, wenn die gesunde Vordergliedmaße oder vermeintlich weniger schmerzende Gliedmaße aufsetzt
- heben des Kopfes wenn die erkrankte oder vermeintlich weniger schmerzende Gliedmaße aufsetzt)
- sind beide Vordergliedmaßen betroffen: leichte Ruderbewegung der Vordergliedmaßen
- nach längeren Liegepausen nach dem Aufstehen lahm (läuft sich ein)
- oder auch Lahmheit, die unter Belastung stärker wird
- Auffälligkeiten zeigen sich im Wachstumsalter (5.-15. Monat)
- Ellenbogengelenk zeigt eine deutliche Bewegungseinschränkung à wird nah an den Körper gedrückt à Pfote nach außen gedreht
- Bewegung des Ellenbogens ist sehr schmerzhaft
- Berührungsempfindlichkeit am Ellenbogen
- häufig belecken und beknabbern die Hunde das Gelenk
- Muskulatur an den Vorderläufen wird schwächer
- laufen im Pass-Gang
- bim Laufen rotieren die Ellenbogen nach außen (um Lastenaufnahme zu vermeiden)
- vermeiden von Treppe runter laufen
- vermeiden von Couch oder Bett runter zu springen – oder zögerliches runterspringen
- häufiges Hecheln in Ruhe, sabbern, zittern, schmatzen
- warmes oder geschwollenes Ellenbogengelenk
- Bewegungsunlust
- Schmerzen beim Beugen / Strecken bzw. Überstrecken des Gelenks
- im Stand kann die Pfote nach außen und der Ellenbogen nach innen gestellt sein
Diagnose:
- röntgen
- ggf. CT
- Arthroskopie
Therapie:
IPA:
- bis zu einem Alter von 24 Wochen: der Fortsatz kann mittels Schrauben oder Bohrnähten fixiert werden
- ist der Hund älter: Entfernung des Fortsatzes, da dieser nicht mehr zufriedenstellend anwächst
- wenn noch keine Arthrosebildung: Durchtrennung der Ulna um eine Verwachsung des Processus anconaeus zu erzielen
FPC:
- chirugische Entfernung des geschädigten Gelenkfortsatzes und / oder freiliegender Knochenfragmente à gut über Arthroskopie
- in milden Fällen OP nicht zwingend notwendig
OCD:
- Auffrischen des Defektes, damit sich ein „Ersatzknorpel“ bilden kann
- oder Einsatz von Ersatzknorpel
- OP erfolgt meistens in einem Alter von bis zu 9 Monaten
- je jünger das Tier, umso besser sind die Prognosen
- ist Tier älter als 9 Monate, wird zusätzlich zur Physiotherapie eine palliative Behandlung mit entzündungshemmenden Medikamenten und Gelenkersatz empfohlen
- andere nicht-chirurgische Therapie-Maßnahmen:
- vorübergehende Schmerzmittel-Therapie in schmerzhaften Phasen
- entzündungshemmende Therapie in entsprechenden akuten Phasen
- Gelenkinjektionen von Hyaluronsäure
- eine dauerhafte Gewichtsreduktion
- Futtermittelzusatzstoffe wie Grünlippmuschelextrakt
- Vermeidung von Überlastung (keine Sprünge, kein Klettern oder rasche Richtungswechsel beim Laufen)
- passive und aktive Bewegungsübungen / Physiotherapie
Alle OP-Maßnahmen verhindern jedoch häufig nicht das Fortschreiten von Arthrose.
Physiotherapie:
- Physiotherapie kann einen wesentlichen Beitrag zur Verbesserung der körperlichen Situation des Hundes beitragen
- Physiotherapie zur Vermeidung einer Atrophie wichtiger unterstützender Muskelgruppen bzw. zur Behandlung von Muskelschwäche
- die mit der Erkrankung einhergehenden muskulären Veränderungen werden korrigiert und die Bewegungsabläufe wiederhergestellt
- Schmerzlinderung
- Lösen von Verspannungen
- Behandlung aller überlasteten Strukturen
- Post OP: Kühlen, Narbenbehandlung, Lymphdrainage
- detonisierende Massagen
- aktive und passive Bewegungsübungen
- durch gezieltes Muskeltraining wird die Muskulatur gestärkt und aufgebaut –> dies hilft die Gelenke zu entlasten
- Unterwasserlaufband und / oder schwimmen zum gelenkschonenden Muskelaufbau
- Gerätetherapie, Cavalettitraining, Laufbandtraining
- Gleichgewichtsübungen, Koordinationsübungen, Stabilisationsübungen –> damit Hund die Gliedmaßen wieder gleichmäßig belastet
- Akupunktur
nach einer OP:
- Blutegel zur Verringerung des Gelenkergusses, sowie für Schmerzfreiheit
- Hund an kurzer Leine führen
- oft erhält der Hund zusätzlich noch einen Stützverband
- nach ca. 4 Wochen (je nach Absprache mit dem Tierarzt) darf sich der Hund meistens frei bewegen, sollte aber geschont werden (kein Toben, kein übermäßiges Spielen, kein Hundesport etc.)
- Aufbautraining mit Hilfe der Physiotherapie hilft dem Hund so schnell wie möglich wieder fit und belastbar zu werden)
- nach ca. 6 Monaten sollte die volle Belastbarkeit des Ellenbogengelenks wieder möglich sein
Mögliche Gelenkpräparate / Nahrungsergänzungsmittel:
- verbessern die Gelenkfunktion
- reduzieren Entzündungen
- verlangsamen das Fortschreiten von Gelenkschäden
- nützliche Nährstoffe in üblichen Gelenksergänzungen:
- Glucosamin
- Grünlippmuschel
- Chondroitin
- Omega-3-Fettsäuren
- GlykosaminoglykaneAntioxidantien
- Chondroprotektiva à enthalten Knorpelschützende und knorpelaufbauende Stoffe (werden aus Muscheln und Tierknochen gewonnen)
–> immer nur in Absprache mit dem Tierarzt anwenden
Vorbeugung:
- vermeiden von langen Spaziergängen, Fahrradfahren, Treppensteigen, Sprünge, z.B. ins Auto, joggen, Zerrspiele, Frisbee / Ballspiele
- keine sportliche Belastung bevor der Hund ausgewachsen ist (je nach Rasse mit 1-2 Jahren)
- auf Ernährung achten (nicht zu lange energiereiches Welpenfutter, Zusatzmittel etc.)
- mit ca. 6 Monaten vorbeugend röntgen, insbes. wenn Hundesport oder Diensthund angestrebt wird
- Hundesport erst nach abgeschlossenem Wachstum à wichtig: langsam mit dem Training beginnen
- Gewichtskontrolle, Übergewicht vermeiden
- warmer, weicher Liegeplatz, ideal: orthopädisches Hundebett